Stellungnahme des VERE e.V. zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Abfallrahmenrichtlinie

Im Grundsatz begrüßt VERE den Referentenentwurf, da er eine konsequente Weiterentwicklung der abfallrechtlichen Produktverantwortung darstellt und in einigen Punkten klarstellenden Charakter hat.

Der VERE e.V. vertritt seit seiner Gründung im Jahr 2003 die Interessen von inzwischen über 4.000 überwiegend kleinen und mittelständischen Unternehmen, die allesamt als Hersteller im Sinne der Gesetzgebungen zur abfallrechtlichen Produktverantwortung gelten. Somit vertritt VERE beispielsweise mehr als ein Drittel aller B2C-Hersteller, die bei der Stiftung EAR registriert sind, sowie ca. 40 Prozent aller am gemeinsamen Rücknahmesystem nach §6 BattG teilnehmenden Hersteller.

Aufgrund der inhaltlichen Ausrichtung unseres Verbandes beschränken wir uns in unserer Stellungnahme auf die Punkte zur Produktverantwortung (§§23-27 KrWG).

Im Grundsatz begrüßt VERE den Referentenentwurf, da er eine konsequente Weiterentwicklung der abfallrechtlichen Produktverantwortung darstellt und in einigen Punkten klarstellenden Charakter hat. Leider müssen wir jedoch seit geraumer Zeit beobachten, dass es in nahezu allen Bereichen der abfallrechtlichen Produktverantwortung zu einer Erhöhung des Aufwands sowie immer mehr Verpflichtungen für die Hersteller kommt, die sich rechtskonform verhalten und sich öffentlich in den Registern der zuständigen Institutionen zeigen. Die Gesetzgebungsverfahren zur Erweiterung und Verschärfung der abfallrechtlichen Produktverantwortung sind deutlich schneller, als die Maßnahmenentwicklungen zur Überwachung des ungeregelten Imports von Produkten aus Drittländern, die immer noch in überwiegender Zahl den deutschen Gesetzen und Verordnungen nicht folgen und Billigprodukte ungeregelt in den Markt bringen. Das Ungleichgewicht und der Wettbewerbsnachteil für nationale Hersteller wird damit kontinuierlich größer und führt in der Konsequenz zu zahlreichen Marktaustritten der in unserem Land ansässigen verpflichteten Hersteller.

Wir befürchten, dass die in dem Kommentar zum Referentenentwurf beschriebene Überführung der Grundpflicht der Produktverantwortung in eine Obhutspflicht zur Produktverantwortung insbesondere die Unternehmen trifft, die sich rechtskonform verhalten.


Einführung eines Bevollmächtigten

Ein wirkungsvolles Instrument zur Überwachung der Grundpflicht ist die verpflichtende Einführung eines Bevollmächtigten, wie er bereits im Elektrogesetz verankert ist. Nur die verpflichtende Benennung eines Bevollmächtigten führt aus unserer Sicht zu einer umfangreichen Beteiligung von Unternehmen an den Kosten der Rücknahme und Abfallverwertung, denn der national ansässige Bevollmächtigte wird immer bestrebt sein, alle Gesetze zu befolgen, um sich schadlos zu halten. Die Regelungen im ElektroG können hier beispielhaft herangezogen werden, denn ein Blick in das Register zeigt, dass sich bereits 2.900 Unternehmen ohne Sitz in Deutschland mit einem BV registrieren lassen haben. Vor Einführung des BV lag die Zahl der ausländischen registrierten Hersteller bei 1337, davon 364 mit Sitz außerhalb der EU (Quelle: Stiftung EAR am 14.10.2015).


Definition der „Flächendeckung“

§ 25 Abs.1 verlangt für das in Verkehr bringen bestimmter Erzeugnisse eine flächendeckende Rückgabemöglichkeit. Wir möchten an dieser Stelle den dringenden Hinweis geben, dass durch die durchgängig fehlenden Definitionen zu den geschaffenen Rechtsbegriffen "flächendeckend", "in unmittelbarer Nähe", "in zumutbarer Entfernung", insbesondere im ElektroG, die Voraussetzungen geschaffen wurden, dass diese Begriffe derzeit der willkürlichen, den eigenen Zielen opportunen, Auslegung von Umweltverbänden und Abmahnorganisationen überlassen wird. Auch hier müssen sich ausgerechnet jene Hersteller, Vertreiber und deren Dienstleister den Vorwürfen der anklagenden Institutionen stellen, die Verantwortungsbewusstsein beweisen und Maßnahmen ergreifen und nicht diejenigen, die sich ihrer Verantwortung gänzlich entziehen. Bei der Definition der Flächendeckung sollte beachtet werden, dass je strenger der Rahmen gesetzt wird, desto größer wird die Abschreckungswirkung überhaupt ein System zu gründen bzw. weiter zu betreiben. Laufende Systeme jedoch können kontinuierlich weiterentwickelt werden. Die festzustellende Flächendeckung sollte sich auch an der Art des Produktes orientieren. Derzeit gibt es keinerlei Unterschiede für kurzlebige Verbrauchsprodukte (wie z.B. Batterien) oder langlebige Produkte, wie z.B. Photovoltaik-Module oder Waschmaschinen.


Vorbereitung und Förderung zur Wiederverwendung

In § 23a wird die Vorbereitung zur Wiederverwendung der stofflichen Verwertung zugerechnet. Gerade unter dem Aspekt, dass der Wiederverwendung eine besondere vorrangige Stellung eingeräumt wird, ist es schade, dass diese Fraktion im Abfallstrom nicht gesondert betrachtet wird, sondern der allgemeinen Verwertung zugerechnet wird. Damit wird ein Monitoring/Erfolgskontrolle über die Entwicklung dieses Stromes praktisch unmöglich und die Motivation für ein besonderes Engagement für diese Fraktion nicht gerade gefördert. Die Voraussetzungen für eine möglichst hochwertige Verwertung könnten hier noch besser geschaffen werden.

Wir begrüßen die Förderung der Wiederverwendung sehr. Bitte beachten Sie jedoch, dass es paradoxer Weise dazu kommen kann, dass das Land mit der höchsten Wiederverwendungsquote in der Extrembetrachtung irgendwann das Land mit den schlechtesten Rücknahme- und Verwertungsquoten sein wird und die Anforderungen aus ElektroG, BattG und VerpackG unerreichbar werden. Wenn beispielsweise ein Elektrogerät in der Weitergabe nicht zu Abfall wird, sondern als Wiederverwendungsprodukt in dem ursprünglichen Verwendungszweck ins Ausland geht, dann hat es keinen positiven Einfluss auf die Rücknahmequoten nach dem ElektroG. Wir beobachten diesen Effekt im Bereich des entstandenen Zweitmarktes für PV-Module. Rückgebaute PV-Anlagen werden vermehrt in Gänze nach dem Rückbau - außerhalb des Abfallregimes - weiterveräußert und leisten somit keinen Beitrag zur Erhöhung der Rücknahmequoten, die von Deutschland an die EU gemeldet werden müssen.


Kennzeichnung von Produkten

Schlussendlich möchten wir noch einen Punkt ansprechen, der uns über die Jahre immer wieder auffällt. Diverse Normen, Verordnungen und Gesetze setzen Bedingungen zur Kennzeichnung von Produkten. Wir sind der Meinung, dass es sich vor allem im Sinne der Verbraucher und für die wirksame Information der Öffentlichkeit durchaus lohnt, Kennzeichnungen zusammenzufassen oder zu hinterfragen. Zu viele Informationen führen eher zu einer Nichtbeachtung, als zu einer Erreichung des Gewollten.

Christoph Brellinger
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Christoph Brellinger
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