Kürzlich wurde ein Urteil des AG Dessau-Roßlau veröffentlicht (EUWID Re Nr. 35 vom 25.08.2009, S. 7), das in Höhe von 22.500 Euro ein Bußgeld gegen einen Vertreiber im Sinne des ElektroG wegen des Vorwurfs unzutreffender Registrierung aufrecht erhält. Die Veröffentlichung gibt Anlass zu dem Hinweis, dass das Urteil nicht rechtskräftig ist und im Beschwerdeverfahren mehrere Rechtsfragen im Zusammenhang mit Ordnungswidrigkeiten nach dem ElektroG zu klären sein werden.
Gegenstand des Verfahrens ist der Vertrieb von Geräten mehrerer Hersteller durch einen Versandhändler. Von allen Herstellern ließ sich der Versandhändler schriftliche Verpflichtungserklärungen darüber geben, dass sie die Pflichten, Kennzeichnungen und Nachweise gemäß den Vorschriften des ElektroG einhalten, z.B. die markenbezogene Registrierung. Überdies musste jeder Hersteller die ihm erteilte Registrierungsnummer angeben. Die Geräte wurden auf den Internetseiten des Versandhändlers zum Verkauf angeboten. Das Umweltbundesamt (UBA) überprüfte die Angebote mit den angegebenen Markennamen und stellte fest, dass zwar alle Hersteller registriert waren, aber teilweise die Angaben der verwendeten Marken fehlten. Ferner stellte das UBA fest, dass in den Fällen eines Reiskochers, eines Wickeltisch-Heizstrahlers und einer Schokofontäne die Geräteart "Haushaltskleingeräte" statt der seiner Ansicht nach zutreffenden Geräteart "Haushaltsgroßgeräte" angegeben worden war. Das UBA erließ einen Bußgeldbescheid über 120.000 Euro und stützte sich dabei auf Vorschriften über die Abschöpfung des mit der Tat erlangten wirtschaftlichen Vorteils.
Das AG Dessau-Roßlau reduzierte das Bußgeld auf 22.500 Euro, da es teilweise den Schuldvorwurf gegen den betroffenen Vertreiber verneinte und außerdem dessen Einwänden gegen die vom UBA vorgenommene Bemessung des wirtschaftlichen Vorteils folgte.
In Bezug auf die Geräte "Reiskocher", "Wickeltisch-Heizstrahler" und "Schokofontäne" war nach Auffassung des AG Dessau-Roßlau die Einstufung in die Geräteart "Haushaltskleingeräte" statt in die Geräteart "Haushaltsgroßgeräte" für den betroffenen Vertreiber nicht als fehlerhafte Registrierung erkennbar. Die auf den Anhang zum ElektroG gestützte Auffassung des UBA weiche so deutlich vom allgemeinen Sprachgebrauch ab, dass Registrierungsfehler unter den Umständen des Falles jedenfalls nicht schuldhaft gewesen seien.
Das Urteil ist aus Sicht der betroffenen Unternehmen sicher ein Schritt in die richtige Richtung. Das Bußgeld ist jedoch aus mehreren weiteren Gründen zweifelhaft:
- Ist es gerechtfertigt, Hersteller ohne jede Registrierung mit solchen Herstellern gleichzusetzen, denen lediglich Registrierungsfehler hinsichtlich der nach herrschender Auffassung einschlägigen Marken und Gerätearten unterlaufen sind?
- Kann von einem Vertreiber verlangt werden, er müsse sich durch Einsichtnahme in das EAR-System (ungeachtet der dabei vielfach auftretenden technischen Schwierigkeiten) davon überzeugen, dass sein Lieferant vollständig mit den zutreffenden Marken und Gerätearten registriert ist?
- Gilt dies auch, wenn der Vertreiber seine Lieferanten auf die Herstellerpflichten nach dem ElektroG hinweist und sich schriftliche Erklärungen über die Einhaltung aller einschlägiger Pflichten des ElektroG erteilen lässt?
- Ist es mit den Grundsätzen des Bußgeldverfahrens im Allgemeinen und mit den Regelungen des ElektroG im Besonderen (Schwerpunkt der Produktverantwortung bei den Herstellern) überhaupt zu vereinbaren, dass die Verfolgungsbehörde - offenbar aus Gründen der leichteren Aufspürbarkeit angesichts des im Online-Shop einsehbaren Angebots - den Versandhändler anstelle des originären Herstellers mit einem Bußgeld überzieht?
Mit den genannten Rechtsfragen wird sich das OLG Naumburg in zweiter Instanz auseinandersetzen müssen. Ein Zeitpunkt für die Beschwerdeentscheidung ist noch nicht absehbar.
Autor:
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht Dr. Holger Jacobj, Kanzlei Prof. Versteyl (Burgwedel), Schwerpunktbereich: ElektroG, Abfall- und Bodenschutzrecht.
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